In einem Aquarium liegt ein ökologisches Gleichgewicht vor. Dieses muss sich aber erst aufbauen und stabilisieren, bevor einziehen. Um das zu erreichen, muss dein Aquarium einfahren. In der Einfahrphase (oder Einlaufphase) bilden sich notwendige Bakterien, die das für Fische giftige Nitrit abbauen. Hier findest du die Hintergründe zum Einfahren des Aquariums und eine Anleitung, wie du vorgehen kannst.
Wichtig: Setze Fische immer erst nach dieser Einfahrphase ein, sonst kann das den Tod der Fische zur Folge haben!
Inhaltsverzeichnis
- 1 Aquarium einfahren: Was passiert dabei?
- 2 Macht man in der Einfahrphase schon Wasserwechsel?
- 3 Wie lange muss ein Aquarium einfahren?
- 4 Einfahrphase verkürzen durch Animpfen mit Filterbakterien?
- 5 Anleitung: Aquarium richtig einfahren
- 5.1 1. Aquarium einrichten, inklusive Pflanzen, Wurzeln und Steine
- 5.2 2. Beleuchtung langsam steigern
- 5.3 3. Bakterien füttern
- 5.4 4. Werte messen
- 5.5 5. Schnecken, Garnelen & Co dürfen früher einziehen
- 5.6 6. Algen gelegentlich manuell entfernen
- 5.7 7. Einzug der ersten Fische nach dem Einfahren: Besatz nach und nach aufstocken
Aquarium einfahren: Was passiert dabei?
Das Einfahren eines Aquariums, auch als „Einlaufphase“ bezeichnet, ist ein kritischer Prozess, bei dem sich ein neues Aquarium biologisch stabilisiert. Während dieser Phase entwickeln sich die notwendigen Bakterienkulturen im Filtersystem, im Bodengrund und auf Oberflächen.
Diese nitrifizierenden Bakterien bauen Ammonium zu Nitrit (NO2) und dieses zu Nitrat (NO3) ab.
Was ist der Nitrit-Peak?
Während der Einlaufphase steigt die Konzentration von Nitrit im Wasser an. Diese Phase, in der Nitritspiegel besonders hoch sind, wird Nitrit-Peak genannt. Der Peak ist kritisch, da Nitrit toxisch für Fische ist. Es kann einige Wochen dauern, bis die Nitrat-produzierenden-Bakterien in ausreichender Menge vorhanden sind, um das Nitrit abzubauen.
Sobald die Nitritwerte auf null gesunken und die Nitratwerte gestiegen sind, gilt das Aquarium als eingefahren. Dies bedeutet, dass ein stabiler biologischer Filter etabliert ist, der in der Lage ist, Ammoniak und Nitrit effektiv in Nitrat umzuwandeln.
Warum ist Nitrit schädlich für Fische?
Nitrit (NO₂) ist schädlich für Fische, weil es ihre Fähigkeit beeinträchtigt, Sauerstoff aufzunehmen und zu transportieren, was zu einer gefährlichen Sauerstoffunterversorgung (Hypoxie) führt.
Fische zu früh einzusetzen ist deshalb ein No-Go, da man aus Ungeduld mit dem Leben der Tiere spielt. Immerhin haben Fische ein Gehirn und sind Wirbeltiere, die Angst, Stress und Schmerzen empfinden können. Hier gilt: Safety first. Lieber etwas länger warten als zu kurz.
Bakterienblüte im Aquarium während der Einfahrphase
Während der Einlaufphase eines Aquariums kann es zu einer Bakterienblüte kommen. Verschiedene Bakterien vermehren sich schnell, was dazu führen kann, dass das Wasser im Aquarium trüb wird.
Zusätzlich können sich Bakterienrasen auf Pflanzen, Dekorationen oder anderen Gegenständen im Aquarium bilden. Diese sehen aus wie grüne, schleimige oder flauschige Schichten und sind ein weiteres Zeichen für die intensive Bakterienaktivität. Beide Phänomene sind normale Teile der Einlaufphase und sollten sich mit der Zeit normalisieren, wenn sich das biologische Gleichgewicht im Aquarium einstellt.
Algenwachstum beim Einfahren
Das Algenwachstum während der Einlaufphase eines neuen Aquariums ist ein relativ häufiges Phänomen. Anfangs sind die Nährstoffe noch nicht im Gleichgewicht und die Pflanzen, die Nährstoffe verbrauchen, sind noch klein.
Algenbeläge auf Oberflächen und an Scheiben, sowie Büschel oder Fäden rötlich, schwarz oder grün aussehender Algen sind in der Einfahrphase völlig normal. Das Algenwachstum reguliert sich von selbst, wenn das Becken stabil läuft.
Allerdings solltest du größere Algenbüschel oder Fadenalgen ruhig manuell herausholen, um den Prozess zu beschleunigen und das Algenwachstum etwas einzudämmen. Ist das Algenwachstum sehr stark, kannst du auch einige Tage das Licht auf nur 6 bis 7 Stunden am Tage reduzieren.
Macht man in der Einfahrphase schon Wasserwechsel?
Ich persönlich wechsle beim Einfahren das Wasser schon genauso, wie ich es später im eingefahrenen Becken tue. Sprich: Einmal wöchentlich ein Wechsel von ungefähr 20 % Aquarienwasser.
So „gewöhnt“ sich das Aquarium an die Gegebenheiten. Wenn man ein Aquarium für Kinder einrichtet oder gerade sein erstes Aquarium einrichten und einfahren möchte, dann ist das auch eine gute Möglichkeit, sich mit dem Ablauf beim Wasserwechsel vertraut zu machen, ohne dabei die Fische zu stören.
Wie lange muss ein Aquarium einfahren?
Wer ein Aquarium pflegen möchte, der muss sich in Geduld üben. Die Leidtragenden sind sonst die Fische, falls man es zu eilig hat.
Ist ein deutlicher Nitrit-Peak zu sehen, kannst du, wenn anschließend das Nitrit über einige Tage nicht nachweisbar bleibt, die Fische einsetzen.
Oft sieht man den Nitritpeak aber gar nicht. In dem Fall warte ich immer mindestens vier Wochen ab. Auch nach diesen vier Wochen muss das Nitrit aber im Test nicht nachweisbar sein.
Steigt Nitrat messbar an, ist das ebenfalls ein Zeichen, dass die Bakterien gut arbeiten. Allerdings brauchen die Bakterien, um messbar Nitrat zu produzieren, auch „Futter“. Mehr dazu kannst du in Schritt 3 bei untenstehender Anleitung nachlesen.
Einfahrphase verkürzen durch Animpfen mit Filterbakterien?
Die Einfahrphase lässt sich unterstützen, wenn man das Becken mit Filterbakterien animpft. Diese werden dadurch in einer größeren Menge zugesetzt. Allerdings brauchen sie auch dann Zeit, sich auf allen Oberflächen und im Filter zu etablieren und anzufangen, sich zu vermehren.
Also bitte nicht, wie man manchmal liest, die Filterbakterien und gleich 24 Stunden später die Fische einsetzen! Auch dann bitte einfahren lassen und Nitrit messen. Es kann nur etwas kürzer dauern, bis der Nitritpeak kommt.
Käufliche Präparate: Starterbakterien
Es gibt Präparate mit Filterbakterien / Starterbakterien, die man kaufen und zum Animpfen verwenden kann. Einige davon findest du hier:
Animpfen aus einem gut eingefahrenen Becken
Die bessere Lösung, zu der aber nicht jeder Zugang hat: Nutze Bakterien aus einem eingefahrenen Becken. Hat ein Freund in deiner Nähe ein gut gepflegtes Aquarium (ohne Algenprobleme) oder du selbst betreibst bereits ein Aquarium?
Dann kannst du die Filtermaterialien aus dem Filter in etwas Wasser kurz ausdrücken und die entstandene braune oder trübe Brühe ins neue Aquarium schütten. Auch Gegenstände oder Pflanzen aus dem alten Aquarium sind mit den nützlichen Bakterien besetzt.
Anleitung: Aquarium richtig einfahren
Wie funktioniert das Einfahren bei einem Aquarium nun genau? Hier findest du eine Anleitung, wie du Schritt für Schritt vorgehen kannst.
1. Aquarium einrichten, inklusive Pflanzen, Wurzeln und Steine
Die nützlichen Bakterien siedeln sich im Filter und auf allen Oberflächen im Aquarium an. Dementsprechend sollten auch all diese Oberflächen in der Einfahrphase schon vorhanden sein.
Bodengrund, Pflanzen und die Deko sind also idealerweise von Anfang an im Becken, damit die Bakterien sich auf der Oberfläche festsetzen und vermehren können. Natürlich kannst du einzelne Deko-Stücke aber auch später noch hinzufügen, zum Beispiel wenn du erst noch eine Wurzel wässern musst.
Auch der Filter muss natürlich bereits jetzt durchgehend laufen, da dieser durch die große innere Oberfläche des Filtermaterials und die gute Durchströmung der Ort ist, an dem sich die meisten Bakterien ansiedeln.
2. Beleuchtung langsam steigern
Die Beleuchtung sollte bereits jetzt täglich an sein, damit die Pflanzen gut wachsen. Allerdings müssen sich die Aquarienpflanzen an das Licht erst gewöhnen und zu viel Licht kann auch das Algenwachstum zu stark werden lassen.
Bewährt hat sich eine Beleuchtungszeit von 8 Stunden, die man gegen Ende der Einfahrphase dann schrittweise auf die geplante Zeit (oft sind das 10 Stunden) hochfahren kann.
3. Bakterien füttern
Die Bakterien vermehren sich am schnellsten, wenn sie auch „Futter“ finden. Einige Aquarianer geben in der Einlaufphase deshalb alle paar Tage eine Messerspitze gepulverte Fischflocken ins Becken.
Ich persönlich setze immer schon vorher Schnecken ein (siehe Punkt 5). Sie fressen abgestorbene Pflanzenteile, können mit etwas Fisch- oder Schneckenfutter gefüttert werden, ihre Ausscheidungen enthalten Ammonium und sie boosten so den Anstieg der Bakterien. Und zugleich sind sie eine wertvolle Putztruppe.
Hier kannst du nachlesen, warum man Schnecken im Aquarium nicht bekämpfen, sondern lieber willkommen heißen sollte.
4. Werte messen
Um Wassertests kommt man bei einem Aquarium nicht herum. Einige Neulinge haben hier Berührungsängste. Aber trau dich ruhig an die Tröpfenchentests heran. Nitrit und Nitrat sollten am Anfang regelmäßig gemessen werden.
Zur Not tut es auch ein Teststreifen. Allerdings eignen diese sich nicht, um vor Einsatz der Fische zu messen, ob Nitrit wirklich auf Null ist. Dafür sind diese Tests zu ungenau. Einen deutlichen Nitritpeak und auch einen Anstieg beim Nitrat kann man damit aber sehen.
5. Schnecken, Garnelen & Co dürfen früher einziehen
Es gibt Tiere, die relativ unempfindlich gegen Nitrit sind. Einige Garnelen wie Neocaridina und Schnecken wie Blasenschnecken und Posthornschnecken tolerieren Nitrit relativ gut.
Ich setze sie deshalb immer gleich nach dem Einrichten ein. Kommt es zu einem starken Nitritpeak, sollte man die Tiere aber gut beobachten und bei Anzeichen für Vergiftungen (Garnelen kommen an die Wasseroberfläche, taumeln oder sind lethargisch) einen großen Wasserwechsel von mindestens 50 % durchführen, um das Nitrit zu verdünnen.
6. Algen gelegentlich manuell entfernen
Auch wenn Algenwachstum in der Einlaufphase normal ist: Algen wachsen exponentiell. Je mehr vorhanden sind, desto schneller vermehren sie sich. Es ist deshalb sinnvoll, sie zu entfernen. Beläge an Scheiben kannst du vor dem Wasserwechsel mit einem Scheibenreiniger abschaben.
Fadenalgen kann man mit einer Pinzette aufrollen oder Pinselalgen mit den Fingern oder einer Pinzette abzupfen.
Aber bitte nicht komplett das Aquarium reinigen oder den Bodengrund mit einem Mulmsauger durcharbeiten. Hier sitzen genau die wertvollen Bakterien, die wir jetzt nicht im Wachstum stören möchten.
7. Einzug der ersten Fische nach dem Einfahren: Besatz nach und nach aufstocken
Dein Einfahrphase ist vorbei und der Nitritwert bleibt stabil auf Null? Dann kannst du die ersten Fische einsetzen. Am besten aber nicht alle auf einmal (außer natürlich es ziehen sowieso nur einige, wenige Einzelexemplare ein).
Bakterien vermehren sich langsam. Kommen Fische hinzu, steigt das Ammonium. Jetzt müssen sich mehr Nitrit-produzierende Bakterien bilden. Da nun wieder etwas mehr Nitrit da ist, wachsen die Nitrat-produzierenden Bakterien mehr. Setzt du zu viele Fische ein, können die Bakterien nicht schnell genug nachziehen und es kann zu einem neuen Nitritpeak kommen!
Stocke also nach und nach im Abstand von je mindestens vier Wochen deinen Besatz auf.
Viel Spaß mit den neuen Bewohnern 😊
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